Überwachungskamera im Wahlraum Bensberg hat Sicht auf den gesamten Wahlvorgang!

Falsche Darstellung der Stadtverwaltung über den Wahlraum in der Bensberger Bank.

Antwort auf die Stellungnahme der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach zum Thema Kameraüberwachung der Wahlräume, 12.09.2013:

Der BLOG-Beitrag zum Thema: „Videoüberwachung der Wahlräume in Bergisch Gladbach“ hat in der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach für etwas Wirbel gesorgt und man sah sich genötigt am gleichen Tag darauf zu reagieren. Ungewöhnlich ist das schon, denn wenn alles seine „Richtigkeit“ gehabt hätte, dann hätte man sich ja gelassen zurücklehnen können. In dieser Stellungnahme weicht die Verwaltung der Kritik aber geschickt aus und bezieht sich nur auf die Standorte und Blickwinkel der Kameras, die tatsächlich in den Wahlräumen stehen. Die Verwaltung schreibt: “Mitarbeiter des städtischen Wahlbüros haben sich vor Ort noch einmal von der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben überzeugt. Wichtig ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl, das der gesamte Wahlvorgang unbeobachtet vonstatten gehen kann. Das ist an beiden Orten der Fall: Die Kreissparkasse garantiert, dass der fragliche Bereich während der Zeit, wo dort das Wahlbüro installiert ist, nicht videoüberwacht ist. Auch bei der Bensberger Bank sind im Blickfeld der dort installierten Videoüberwachung weder Daten, Monitore noch Wahlkabinen sichtbar bzw. erkennbar.”

Diese Stellungnahme der Stadtverwaltung ist aufschlussreich. Die geschickte Rhetorik und Wortwahl kann jedoch die Kritik an den Überwachungskameras im Wahlraum nicht ausräumen. Man versucht die Angelegenheit zu einer Lappalie herunterzuspielen. Gegenüber der Presse beschwert man sich, dass der BLOG-Beitrag zu unnötiger Arbeit in der Verwaltung geführt hat. Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, hätten sie sich diese Arbeit doch nicht machen müssen. Da man sich wohl nicht sicher schien, musste man es erst mal überprüfen. Das sich schon mehrere Wahlprüfungsausschüsse und Landeswahleiter von der Anwesenheit in Kameras in Wahlräumen abgeraten haben und der Bundestag sich mit diesem Thema befasst, ist es eben nicht nur eine Nichtigkeit. Das wird auch dadurch nicht geändert, dass die Regierungsbehörden Kameras im Wahlraum für unbedenklich halten.

Im Einzelnen zur Stellungnahme der Stadt Bergisch Gladbach:

1. Offensichtlich ist man sich in der Zwischenzeit der Brisanz der Videoüberwachung bewusst und stellt fest, dass der „gesamte Wahlvorgang unbeobachtet vonstatten gehen“ muss. Insofern gibt es Einigkeit.

 

2. Die Stadtverwaltung gibt zu, dass Überwachungskameras im Wahlraum stehen.

3. Es ist sehr erfreulich, dass die Kreissparkasse eine Garantie abgibt, doch wird diese Garantie auf einen „fraglichen Bereich“ eingegrenzt. Was ist damit gemeint? Da diese Einschränkung auf einen Bereich formuliert wird, ist davon auszugehen, dass die beiden Eingangsbereiche, in denen mindestens 10 Kameras und der Kassenbereich mit mindestens 3 Kameras weiterhin und ohne Unterbrechung überwacht werden und dort alle durchgehenden Personenbewegungen aufgezeichnet werden. Es werden also auch alle Personen überwacht, die zu dem „fraglichen Bereich“ zur Wahlurne gehen, welche sich im gleichen Raum (das ist der Wahlraum) wie die Kasse befinden, bei denen die Kameras ja laufen.

4. Die Behauptung, dass die Kamera in Wahlraum in der Bensberger Bank weder Datenmonitore noch die Wahlkabine sehen kann, ist falsch. Oberflächlich betrachtet handelt es sich bei der Kamera im Wahlraum Bensberg um eine voll schwenkbare DOME-Kamera, die den gesamten Raum erfassen kann. Da die Stadtverwaltung hier nicht die Aussage trifft, dass die Kamera ausgeschaltet ist, kann man davon ausgehen, dass diese den Raum auch weiterhin aktiv überwacht. Womöglich besitzt die Kameras nicht genug Auflösung und Schärfe um die Schrift auf den Datenmonitoren zu erkennen, aber sie kann diese Bereiche beobachten. Tatsächlich hat die Kamera eine direkte und sehr kurze Sichtverbindung zu den Datenmonitoren, der Wahlkabine und der Wahlurne. Dieses kann jeder leicht selbst überprüfen. Einfach selbst hingehen und nachschauen. Dazu hier einige Fotos von 11.9.2013 um 19.00 Uhr.


5. Der „gesamte Wahlvorgang“, von dem auch in der Stellungnahme der Stadt die Rede ist, umfasst nicht nur das Ankreuzen in der Wahlkabine, sondern auch die Bereitstellung des Wahlraums, der Wahlurne, der Stimmzettel, der Wahlkabine, etc. Dabei muss es einen uneingeschränkten und unbeobachteten Zugang zum Wahlraum geben. Dieses ist sowohl in Bensberg als auch in der Stadtmitte nicht gewährleistet, denn die Eingangsbereiche beider Banken werden von einer sehr großen Zahl von Kameras überwacht. Davon kann sich jeder selbst und jederzeit überzeugen. Auch die Aushändigung der Stimmzettel ist Teil des Wahlvorgangs und muss unbeobachtet sein. In Bensberg ist dies eindeutig nicht der Fall, denn die dortige im Wahlraum befindliche Kamera kann den ganzen Raum überwachen. Die Kamera kann nicht nur die Datenmonitoren und die Wahlkabine, sondern auch die Wahlkabine und Wahlurne beobachten. Durch die Kugelform entsteht der Wählerin und dem Wähler zumindest dieser Eindruck, denn man kann nicht sehen, in welche Richtung die Kamera gerade blickt. Fotos als Beleg anbei.

 

6. Selbst wenn die Kameras im Wahlraum abgeschaltet sein sollten, reicht die bloße Anwesenheit und Sichtbarkeit von Kameras im Wahlraum aus um die Integrität des Wahlvorgangs zu stören. Die Wählerin oder der Wähler kann nicht wissen, ob die Kameras funktionieren und den Wahlvorgang aufzeichnen. Ob die Kamera an oder aus ist kann auch ein Techniker von außen nicht erkennen. Insbesondere in Bensberg ist die deutliche Präsenz der Kamera über den Datenmonitoren durchaus einschüchternd, denn man geht spontan davon aus, dass sie den Raum überwacht. Auch wenn die Aussage der Banken glaubwürdig sind, bleibt eine Unsicherheit der Wählerinnen und Wähler während des Wahlvorgangs. Hier nochmal das Zitat des Landeswahlleiter Bayern: „Die Einrichtung eines Wahllokals in Räumen, in denen die unbeobachtete und zumindest unbefangene Stimmabgabe auf Grund wahrnehmbarer Überwachungseinrichtungen nicht uneingeschränkt sichergestellt werden kann, ist gleichwohl wahlorganisatorisch nicht hinnehmbar. Allein die Möglichkeit einer Wahrnehmung des Abstimmungsverhaltens durch die Überwachungskameras kann eine Einschränkung der Wahlfreiheit begründen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne Wähler sich in ihrer freien Wahlentscheidung (psychologischer Druck, Befangenheit) beeinflusst sehen könnten (vgl. Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, § 33 Rdnr. 3).
Es geht also nicht nur um die tatsächliche Überwachung und Aufzeichnung, sondern auch um die Wahrnehmung der Wählerinnen und Wähler. Diesen entscheidenden Punkt ignoriert die Stadtverwaltung völlig in ihrer Stellungnahme.

7. Auch die Frage, warum man überhaupt in den Räumen von Privatunternehmen die Wahlräume einrichtet, bleibt offen. Man spricht zwar von mehr Bürgernähe, erklärt aber nicht, warum diese im Stadthaus Bergisch Gladbach oder im Rathaus Bensberg nicht sichergestellt werden kann. Beide städtischen Gebäude sind nur wenige Meter von den jeweiligen Banken entfernt und werden nicht mit Kameras überwacht. Auch stellt sich die Frage, warum man gerade diese Räume ausgesucht hat, denn sowohl auf der Hauptstr., als auch auf der Schloßstr. gibt es genug leere Ladenlokale, die man für 1 Monaten in Wahllokale hätte umfunktionieren können. Auch die jeweiligen städtischen Büchereien sind in unmittelbarer Nähe aus der Hauptstr. und Schloßstr. platziert. Warum hat man sich nicht für private Unternehmen (Kino, Supermarkt, Restaurants u.a. entschieden, die keine Überwachungskameras haben? Warum nutzt man ausgerechnet die Banken, welche ein exzessives Überwachungssystem beherbergen?

 

Fazit: Die Stellungnahme der Stadt bestätigt, dass sich die Kameras im Wahlraum befinden. Über die Kamera im Wahlraum Bensberg trifft sie schlicht falsche Aussagen und stellt nicht fest, dass diese Kamera abgeschaltet ist. Auf die Kernkritik geht die Stellungnahme gar nicht erst ein, denn es ging dabei nicht nur um die tatsächliche Funktion, sondern auch um die Wirkung auf die Wählerinnen und Wähler und den Wahlvorgang. Es mag sein, dass ein Teil der Bevölkerung sich nicht sehr daran stört, aber dieses reicht nicht aus. Es gibt demgegenüber sehr viele Menschen, die durch die Überwachungskameras verunsichert werden und damit der Wahlvorgang gestört wird. Viele Bürgerinnen und Bürger lehnen Kameras im öffentlichen Raum generell ab. Man kann sicher sein, dass sogar die Mehrheit die Überwachung von Wahlräumen ablehnt, denn diese sollten tabu sein. Besser wäre es die Kameras vollständig zu verhängen und einen Hinweis im Wahlraum zu geben. Auch sollten die Wahlhelfer über die Kameras informiert sein. Dies war seit dem 26. August 2013 nicht der Fall, denn diese konnten keine Auskunft geben. Das würde der Unsicherheit entgegenwirken. Dies gilt ganz besonders für die Überwachungskamera im Wahlraum Bensberg (siehe Fotos). Auch sollten die Kameras in den Zugangsbereichen der Banken während des Wahlvorgangs abgeschaltet werden, damit sie die Wählerinnen und Wähler im Wahlraum nicht filmen können.

Eine „Privatisierung“ der hoheitlichen Aufgabe der Durchführung von Wahlen ist abzulehnen und die Wahlräume gehören in öffentliche Gebäude, wenn diese in unmittelbarer Nähe zur Verfügung stehen.

Raumübersicht mit Fotos als PDF zum download
Kameraüberwachung im Wahlraum Bensberger Bank, Schloßstr.
BTW-Wahlraum-Bensberg_Uebersicht_2013.pd
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Kommentare: 1
  • #1

    Soma (Dienstag, 17 September 2013 11:07)

    Habt Ihr den städtischen datenschutzbeauftragten, die Aufsichtsbehörde, den / die WahlleiterIn befragt?

#tmsantillan

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