In Bergisch Gladbach werden die Wahlräume, in denen die Bürgerinnen und Bürger schon jetzt die Briefwahl beantragen und durchführen können, mit Videokameras überwacht. Statt wie in der
Vergangenheit im Stadthaus Bergisch Gladbach kann die Bevölkerung die Briefwahl heute nur noch in der Sparkasse Stadtmitte und in der Bensberger Bank in der Schloßstraße durchführen.
Sowohl der Zugang als auch die neuen Wahlräume und die Wahlurnen werden mit zahlreichen sogenannten DOME-Kameras überwacht. Diese Kameras ermöglichen einen Schwenk durch den gesamten Raum und auf die Wahlkabine.
In Bensberg befindet sich eine solche Kamera direkt über dem Tisch des Wahlvorstands, so dass die Kamera vollen Einblick in die Wahlunterlagen nehmen kann. Die Kameras können wenigstens nicht in Wahlkabinen hineinsehen, da Vorhänge vorhanden sind. Jedoch müssen diese zugezogen werden, um den Einblick der Kameras zu verhindern.
Doch schlimmer ist, dass die Überwachung nicht von den Behörden durchgeführt wird, sondern von privaten Unternehmen und Personen, die weder vereidigt sind, noch irgendetwas mit der Wahl zu tun
haben. Auch haben die Stadt und der Wahlleiter keinerlei Kontrolle über die Aufzeichnungen und deren spätere Verwendung. Für die Bürgerinnen und Bürger ist ungewiss, was die Banken damit machen.
Da sowohl in der Stadtmitte als auch in Bensberg die Rathäuser nur wenige Meter entfernt liegen, ist die Einrichtung von Wahlräumen in der Kreissparkasse und der Bensberger Bank völlig
unnötig. Alle Banken werden heutzutage mit Kameras überwacht. Im Rathaus hingegen gibt es keine Videoüberwachung. In der jüngsten Vergangenheit hat es nie ein Sicherheitsproblem bei der Wahl
gegeben und eine Überwachung mit Kameras ist völlig unnötig. Schließlich ist der Wahlgang keine gefährliche Aktivität und die Wählerinnen und Wähler haben dabei auch keine kriminellen
Hintergedanken, die man im Wahlraum "überwachen" müsste.
An den Wahlurnen fehlt sogar ein deutlicher Hinweis, dass hier videoüberwacht wird und auch die dortigen Wahlhelfer können auf Nachfrage nichts über das Überwachungssystem sagen. Die Wählerinnen
und Wähler wissen nicht, ob die vorhandenen Kameras angeschaltet sind und Aufzeichnungen machen. Alleine das stört schon die Integrität des Wahlvorgangs. Diese Auffassung vertritt auch der
Landeswahleiter NRW in einem Rundschreiben an die Bezirksregierungen in NRW aus dem Jahr 2010.
Die Kameras in den Wahlräumen sollten entfernt werden; auch der Zugang zu den Wahlräumen darf nicht weiter videoüberwacht werden. Allein das Aufstellen von Hinweisschildern ist keine Unbedenklichkeitserklärung. Die Wählerinnen und Wähler müssen sicher sein können, dass die Kameras nicht funktionsfähig sind ohne dafür Spezialkenntnisse zu haben. Die Kameras müssen entweder verhängt oder deutlich zur Seite gedreht werden. Alle Aufzeichnungen, die schon gemacht wurden, sollten unter Aufsicht des Wahlbüros vernichtet werden.
Bei einer Wahlbeanstandung zur Bayerischen Landtagswahl 2008 wurde die Überwachung der Wahlräume kritisiert und vom Landeswahlleiter entsprechende Empfehlungen für die Zukunft ausgesprochen: „6.2.3. Die Einrichtung eines Wahllokals in Räumen, in denen die unbeobachtete und zumindest unbefangene Stimmabgabe auf Grund wahrnehmbarer Überwachungseinrichtungen nicht uneingeschränkt sichergestellt werden kann, ist gleichwohl wahlorganisatorisch nicht hinnehmbar. Allein die Möglichkeit einer Wahrnehmung des Abstimmungsverhaltens durch die Überwachungskameras kann eine Einschränkung der Wahlfreiheit begründen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne Wähler sich in ihrer freien Wahlentscheidung (psychologischer Druck, Befangenheit) beeinflusst sehen könnten (vgl. Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, § 33 Rdnr. 3).“
Die Stadt Bonn hat sich von Sparkassen-Filialen als Wahllokal auf Empfehlung der Landeswahlleiterin verabschiedet. Die Stadt Bergisch Gladbach sollte diesem Beispiel schnell folgen und die Wahllokale für die Briefwahl wieder in das Rathaus Bensberg und das Stadthaus Mitte verlegen.
"Big brother is watching you!" Die weitgehend noch fiktive orwellsche Horrorvision der totalen Überwachung der Bürgerinnen und Bürger wird mit der Videoüberwachung der Bundestagswahlen ein Stück
mehr Realität. Der Wahlraum muss für Kameras tabu sein. Sonst finden als nächstes die Wahlen nicht nur in den Banken statt, sondern auch im Supermarkt. Dann kann man mein Wählerverhalten
auch gleich mit meinen Konsumgewohnheiten verknüpfen und ein Ranking über meinen wirtschaftlichen Wert als potentiellen Konsumenten erstellen.
Kommentar schreiben
Lu Cifer (Donnerstag, 12 September 2013 11:16)
*Ironie on*Ist doch praktisch. Die Banken ziehen eh die Fäden. Da kann man sie auch auszählen lassen . Die genehmen Wahlergebnisse werden gesammelt, der Rest geschreddert. So geht Demokratie , "Wir geben ihrer Zukunft Kein zuhause, KSKaa *Ironie off*