Alljährlich findet das groß angekündigte „Stadt & Kulturfest“ in Bergisch Gladbach Mitte statt. Das Fest wird immer gut besucht und es wird auch dieses Jahr eine Freude sein, das bunte Treiben zu beobachten, um dann selbst in der Menge unterzutauchen. Solche Feste gibt es in allen Stadtteilen (Kirschblütenfesten in Refrath, Schloßstadtfest in Bensberg, Dorffest Paffrath, etc.) und sie werden von den Menschen gut angenommen. Bei dem Fest in der Stadtmitte will man es ein wenig anders machen, denn es erweckt den Eindruck als wäre es eine höchstoffizielle städtische Veranstaltung und es würde Kultur geboten.
Straßenfest zum verkaufsoffenen Sonntag.
Tatsächlich handelt es sich bei dem sogenannten „Stadt- und Kulturfest“ nur um einen Marketingtrick, um einen verkaufsoffenen Sonntag der Einzelhändler in der Stadtmitte attraktiver zu machen. In
der Hauptstraße wird ein großer Markt errichtet auf dem man alles findet, was das Herz begehrt. Neben Glasperlen, Gartenschläuchen, Bioseifen und Kunststofffenstern im Sonderangebot gibt es
Bratwurst, Backfisch und Zuckerwatte und überall Kölsch vom Fass. Und wer auf der Straße nichts findet, kann beim örtlichen Einzelhandel einkaufen gehen. Dabei wird alles schön eingepackt und mit
dem Stempel „Kultur“ versehen.
Dieses Fest wird nicht von der Stadt durchgeführt, sondern die Interessengemeinschaft des Einzelhandels Bergisch Gladbach -Stadtmitte- e.V ist der Veranstalterin und übt überall das Hausrecht
aus. Auf der Facebookseite der IG Stadtmitte wird der 14. September auch als das
bezeichnet, um was es tatsächlich geht: „verkaufsoffener Sonntag“.
Kein Fest der Stadt.
Die Stadt gibt lediglich ihren Namen und das städtische Logo her und stellt für die Kultur an diesem Wochenende einen Mini-Etat von 1.200 € bereit. Auch wenn die Stadt Bergisch Gladbach die
Plakate und die Werbeflyer für diesen „Verkaufsoffenen Sonntag“ auf ihre Kosten erstellen und verteilen darf, ist der Einfluss der Stadt auf die Durchführung der Veranstaltung defacto bei NULL,
denn die IG-Stadtmitte hat für zwei Tage die gesamte Fläche gemietet.
So kam es beim letzten Stadtfest während des Bundestagswahlkampf 2013 zu heftigen Streit mit der durchführenden und arrogant auftretenden Eventagentur, denn diese erteilte den zahlreich
erschienen Stadtratsparteien und ihren Wahlinfoständen Platzverweise. Als diese dem nicht folgen wollten, kam es nach deutlichen Drohungen fast zu handgreifliche Auseinandersetzungen. Dabei hat
der Veranstalter wie gewohnt versucht die städtischen Mitarbeiter des Ordnungsamts und die Polizei zu kostenlosen Aufsehern zu machen, statt einen eigene Sicherheitsdienst dafür zu
bezahlen. Diese städtischen Mitarbeiter sollen einige Mitglieder des Stadtrats von dem "Stadtfest" vertreiben.
Kultur als Feigenblatt für Kommerz.
Das Kulturbüro darf sich lediglich mit der Umsetzung des „kulturellen Rahmenprogramms“ der Kommerzveranstaltung befassen, damit auch ja viele Käufer angelockt werden. Im Pressetext der Stadt wird das Kulturangebot angepriesen. Dort wird eine „Fotorallye, Papierschöpfen, Modellflugvorführungen, Griffelherstellen, Lotusblumen basteln, Capoeira tanzen, Musikinstrumente bauen oder Keschern im Aquarium“ versprochen. Die Menschen mögen solche Dinge, aber es entsteht doch eher der Eindruck eines Grundschulfestes und weniger eines Festes mit Kunst und Kultur. Der Pressetext der Stadt will uns vermitteln, dass genau diese „bunte Mischung von Kunst und Kreativität, Sport, Musik und Tanz, Kirche und Vereinen, sozial Engagierten und die Vielfalt in unserer Stadt widerspiegelt“.
Diese „bunte Mischung“ unserer städtischen Kultur soll auf der "Kultur- und Vereinsbörse" präsentiert werden. So findet man auf der Hauptstraße nicht die sonst üblichen Stände der Ortsvereine,
denn diese werden von dem Veranstalter hinter den Bergischen Löwen verbannt. So an den Rand gedrängt spielt die Kultur nur eine Nebenrollen an diesem „verkaufsoffenen Sonntag“. Die Ansammlung von
wenigen Infoständen ist zwar als „große Attraktion“ angekündigt, wird aber auch dieses Jahr von den meisten Einkäufern nicht wahrgenommen werden. Eigentlich schade, denn gerade hier finden sich
ein paar wenige interessante und feine kulturelle Angebote, die aber im großen Lärm des des Kommerz auf der Hauptstraße untergehen werden.
Tatsächlich ist dieses Kulturangebot nur das Feigenblatt für eine rundum kommerzialisierte Verkaufsveranstaltung. Wenn das wenige (und auch sehr gute), was man auf der Vereinsbörse sehen
kann, wirklich repräsentativ für Kultur in Bergisch Gladbach sein soll, dann wäre es um die Kultur in unserer Stadt wirklich nicht gut bestellt. Die dort versammelten Aktiven und Engarierten
Ehrenamtler machen wunderbarer Projekte, aber das ist doch sicher nicht alles, was in Bergisch Gladbach Kultur bedeutet. Irgendwie muss man sich ein wenig dafür schämen das diese Veranstaltung
unter "Kulturfest" firmiert. Wie aber soll das Kulturbüro mit einem Mini-Budget mehr erreichen, wenn die Politik keine Mittel dafür bereitstellt? Es ist erstaunlich, dass man mit diesem Budget
das hinbekommt, was sich im Programm befindet. Dafür gebührt dem Kulturbüro großer Respekt.
Trotzdem kann dieses nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Fest aus Glasperlen, Zuckerwatte und Bartwürste eigentlich nichts mit städtischer Kultur zu tun hat und tatsächlich auch nicht ein Fest der Stadt ist.
Das wichtigste Kriterium ist "kostenlos" und "ohne Gage".
Und wer die Hoffnung hat, dass das Bühnenprogramm es herausreißt und doch noch neben dem Kommerz etwas Kultur oder Stadt zu sehen ist, könnte enttäuscht werden, wenn die Erwartung zu hoch
gesteckt sind. Das Programm ist eine Zusammenstellung von Blockflötenspielenden Kindern, sportlichen Luftsprünge und eine Theateraufführung aus dem örtlichen Gymnasium. Und dazwischen die
alljährlichen Werbeaufführung der Sponsoren und örtlichen Fitness- und Tanzschulen. Alle Darbeitungen sind alle Höchstleistungen, doch das Auswahlkriterium für die Bühnenshow ist das Kriterium
„kostenlos“, denn keiner dieser Gruppen bekommt eine Gage für ihren Auftritt. Die bunte und aktive Kunstszene und professionell und ernsthaft arbeitende Kulturschaffende aus Bergisch Gladbach
sieht man dort nur vereinzelt und dann wird man es sofort bemerken.
Wenn man bei einem Fest, welches sonst nur kommerziell ist, nur Künstlker auftreten läßt, die keine Gage bekommen, werden professionell arbeitende Künstler, die davon leben müssen, von dem "Stadt
& Kulturfest" weitestgehend herausgehalten. Wenn man bei einer Veranstaltung, welche sonst nur kommerziell ist, nur Auftritte auftreten zulässt, die keine Gage bekommen, werden professionell
arbeitende Künstler, die davon leben müssen, von dem "Stadt & Kulturfest" weitestgehend herausgehalten. Die Künstler entscheiden selbst und da weder Stadt noch der Einzelhandel für ihre
Leistung eine anständige Gage bezahlen wollen, treten sie auch nicht auf. Und genau so sieht es auch bei diesem Straßenfest aus. Die meisten Kunst- und Kulturschaffenden halten sich fern. Das ist
eben Marktwirtschaft und das führt dazu, dass das Programm dieses "Kulturfestes" eher den Eindruck eines Grundschulfestes macht. Dieses Fest ist eben nicht repräsentativ für die bunte, aktive und
sehr gute Kultur- und Kunstszene dieser Stadt, denn diese ist auf diesem Fest nur zu einem sehr kleinen Bruchteil vertreten.
Die abendlichen Auftritte sind anders und das liegt sicher daran, dass die dort auftretenden Bands und Musiker die einzigen sind, die für ihre künstlerischen Leistung eine angemessene Gage
erhalten. Leider kommen die Musiker des Abendprogramms nur selten aus Bergisch Gladbach. Hier passt der Satz aus der überschwänglichen Pressemitteilung der Stadt Bergisch Gladbach also
nicht mehr, denn diese Auftritte spiegeln wohl kaum die „Vielfalt der Kultur unserer Stadt“ wieder. Der Konrad-Adenauer Platz entwickelt sich abends regelmäßig zu einer musikalischen Saufparty
mit Pommes und Currywurst. … Dann passt es wieder!
Namensänderung und Etikettenwechsel
Der Kölner Stadt-Anzeiger zitert am 4. September die
Stadtverwaltung zur Namensänderung des Festes: „Was 18 Mal das Kultur- und Stadtfest war, heißt nun erstmals Stadt- und Kulturfest. Der Namenswechsel soll den
Schwerpunkt besser widerspiegeln.“ Offensichtlich hat man da auch bemerkt, dass es mit der Kultur bei diesem Fest nicht weit her ist. Die Namensänderung und der "neue Schwerpunkt" bleibt
befremdlich, denn die Stadt hat bei dem Fest immer noch nichts zu sagen und muss sich dem Veranstalter beugen.
Ehrlich bleiben, statt Ettikettenschwindel.
Tatsächlich ist das „Stadt- und Kulturfest“ ein Etikettenschwindel, denn die Stadt hat nichts dabei zu sagen und der Kulturbegriff wird mehr als überstrapaziert. Wer ein richtiges „Stadt- und
Kulturfest“ haben will, welches dem Anspruch des Namens gerecht wird, muss Geld in die Hand nehmen und darf sich nicht von Kommerz und den Verkaufsinteressen der Einzelhändler bestimmen lassen.
Es sollte umgekehrt sein. Wenn die Stadt ihren Namen und ihr Logo für ein solches Fest hergibt, können und sollten sich die Einzelhändler der IG-Stadtmitte gerne und mit Freude anschließen und
mitmachen. Wenn man das nicht will, sollte man auf das städtische Logo und den Begriff Kultur zukünftig besser verzichten. Der Freude der Menschen an solchen schönen Veranstaltung würde mehr
Ehrlichkeit sicher keinen Abbruch tun. Gefeiert wird sicher trotzdem und das ist auch gut so. Doch dann sollte man das jährliche Fest lieber als das bezeichnen, was es tatsächlich ist:
„Verkaufsoffener Sonntag der Einzelhändler Stadtmitte mit Straßenfest“.
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Gladbacher (Freitag, 12 September 2014 10:40)
Da versuchen ein paar engagierte Leute endlich mal ein bisschen Leben in die FGZ zu bekommen, scheiße aber auch!