In einen Antwortbrief auf meine offene Anfrage vom 31. Januar 2015 (Hohe Gebühren für Flüchtlingsunterkünfte in Bergisch Gladbach) zu den hohen Gebühren, welche von der Stadt Bergisch für Flüchtlingsunterkünfte berechnet, antwortet Bürgermeister Lutz Urbach persönlich mit einer langen Antwort, was wohl auch die Bedeutung des Thema bei der Verwaltungsspitze unterstreicht.
In der Antwort stellt Bürgermeister Lutz Urbach fest, dass die Kosten für die Unterkünfte "außerordentlich hoch" sind. Das bedeutet wohl , dass es üblicherweise nicht so hohe Kosten gibt. Im
Brief wird begründet, wie diese Kosten zustande kommen. Es bleibt allerdings verwunderlich, dass solche hohen Kosten in anderen Wohnungen nicht anfallen und es wird letzendlich nicht aufgeklärt,
warum öffentliche Notunterkünfte so teuer sind. Es ist Aufgabe des Stadtrats und des Rechnungsprüfungsausschusses diese Punkte genauer zu prüfen, um immer noch bestehende Zweifel an der
Aufstellung vollständig zu beseitigen oder die Kosten und Gebühren im Interesse der Flüchtlinge und der Stadt deutlich zu veringern.
Einer der Kritikpunkte (auch weiterhin) ist, dass einige Unterkünfte in einem katastrophalen Zustand sind und an manchen Stellen zu viele Menschen in zu kleinen Zimmern leben. In der Frage der
Ausstattung erklärt der Bürgermeister, dass man versucht die Situation der Flüchtlinge in den Unterkünften im Rahmen des Machbaren zu verbessern. Ob das auch für die Unterkünfte in Heidkamp gilt,
kann der Stadtrat nur selbst bei einem vor Ort Termin überprüfen.
Auch wenn es erfreulich ist, dass auf meine Anfrage recht schnell und umfänglich reagiert wurde, ist die Antwort inhaltlich nicht sehr befriedigend. Es bleibt eine Zustandsbeschreibung, die
deutlich macht, dass in den Unterkünften erhebliche Probleme bestehen, die man angehen muss.
Doch es gibt auch die Hoffnung, dass die öffentliche Kritik, wie sie die Stadtratsfraktion DIE LINKE geübt hat, und die Nachfragen besorgter Bürgerinnen und Bürger immer wieder daran erinnern,
dass es hier um Menschen geht, die Anspruch auf eine menschenwürdige Unterkunft haben. Es bleibt unsere Aufgabe darauf zu achten und den Menschen, die zu uns flüchten, angemessen und tatkräftig
zu helfen.
.. Hier zur Dokumentation der Antwort des Bürgermeisters in Wortlaut
>>
auf offenen Brief und Anfrage vom 31. Januar 2015 "Hohe Gebühren für Flüchtlingsunterkünfte in Bergisch Gladbach"
Sehr geehrter Herr Santillan,
von meinem Fachbereich 5 - Jugend und Soziales - wurden mir inzwischen alle notwendigen Informationen übermittelt, um Ihnen heute auf Ihren offenen Brief vom 31.01.2015 antworten zu können. Da Sie ohnehin um eine Übermittlung der Antwort auf elektronischem Wege gebeten haben, erlaube ich mir, hierzu Ihre E-Mail-Adresse zu verwenden. Ich hoffe, dass das für Sie in Ordnung ist.
Im Kern stellt Ihre Anfrage auf die aus Ihrer Sicht unangemessene Höhe der Betriebskosten für die Flüchtlingsunterkünfte in Bergisch Gladbach, insbesondere diejenigen für die Bensberger Str. 133 ab. Es ist in der Tat richtig, dass diese Betriebskosten außerordentlich hoch sind und hieraus entsprechende Gebührenbescheide resultieren, die von Ihnen aufgegriffen wurden. Dennoch hat die Berechnung dieser Kosten seine Richtigkeit, was ich Ihnen nachstehend in Beantwortung Ihrer insgesamt sechs Fragen ausführlicher erläutere. Ich orientiere mich dabei an der von Ihnen gewählten Reihenfolge.
Zu Ihren Fragen 1 und 2:
Die Nebenkostenabrechnungen werden jährlich für alle Übergangsheime und Notunterkünfte der Stadt Bergisch Gladbach nach den Vorgaben der Betriebskostenverordnung auf der Grundlage der Rechnungsergebnisse der Vorjahre aufgestellt. Die ermittelten Beträge werden den Bewohnern als Nebenkostenpauschale in Rechnung gestellt, wobei vorab noch eine Kürzung um 5 % erfolgt, da die Stadt keine Gewinnerzielungsabsicht hat.
Da zur Berechnung der neu in Betrieb genommenen Übergangsheime wie zum Beispiel der Bensberger Str. 133 jedoch bisher noch keine Kostenauswertungen zur Kalkulation der Nebenkosten vorliegen, wurde zur Berechnung der Benutzungsgebühren der Durchschnittsbetrag der Nebenkosten der Objekte, für die bereits eine Auswertung vorliegt, zu Grunde gelegt.
Der sich aus dieser Vorgehensweise ergebende durchschnittliche Quadratmeterpreis der Nebenkosten beträgt 11,21 €. Hinzu gerechnet wurden die satzungsgemäß festgelegten 6,00 € Grundgebühr, so dass den Bewohnern der Bensberger Str. 133 pro Quadratmeter 17,21 € von der Stadt Bergisch Gladbach in Rechnung gestellt werden.
Da eine genaue räumliche Zuordnung der einzelnen Wohnparteien aufgrund der Größe und des Zuschnitts der Bensberger Str. 133 (wie auch in den anderen Objekten) nicht möglich ist, wurde die Gebühr von Quadratmetern auf Personen umgestellt. Hierzu wurde mangels nicht vorhersehbarer exakter Zahlen für das laufende Jahr die durchschnittliche Personenzahl bei der Belegung der Bensberger Str. 133 ermittelt. Diese beträgt auf das Jahr hochgerechnet 25 Personen und hat eine Gebühr von 184,87 € pro Person und Monat zur Folge.
Die Nebenkosten in den städtischen Unterkünften sind im Vergleich zu denjenigen, die auf dem privaten Wohnungsmarkt anfallen, in der Tat sehr hoch. Hier müssen jedoch der bauliche Zustand verschiedener Unterkünfte und das Nutzerverhalten in den Übergangsheimen und Notunterkünften in Rechnung gestellt werden. Beides hat enorme Kosten zum Beispiel bei der Versorgung mit Strom, Wasser und (Heizungs-)Wärme sowie bei der Müllentsorgung zu Folge. Auch müssen viele Objekte teilweise mehrfach pro Woche von einer Fachfirma gereinigt werden (die Bensberger Str. 133 gehört dazu).
Regelmäßige Schädlingsbekämpfungen und Wartungen an brandschutztechnischen Einrichtungen in kurzen Intervallen runden dieses Bild ab.
Auch ist die Objektbetreuung durch städtische Hausmeister wesentlich höher als bei anderen Objekten.
Nicht eingerechnet ist hierbei der hohe sozialarbeiterische Betreuungsaufwand, der somit bei der Gebührenkalkulation unbeachtet bleibt.
Auch die Kosten der Hausverwaltung und die administrativen Kosten (Overheadkosten) sind in der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigt. Die wirklichen Kosten, die der Stadt Bergisch Gladbach durch den Betrieb der Notunterkünfte und Übergangsheime entstehen, sind also viel höher als die Gebühreneinnahmen.
Es werden somit keine Kosten zur Kalkulation herangezogen, die nicht Betriebskosten der jeweiligen Unterkunft sind oder die (wie von Ihnen in anderen Unterkünften entstehen.
Zu Ihren Fragen 3 und 4:
Für die Nutzung der städtischen Unterkünfte erhalten die Nutzungsberechtigten eine Rechnung per Gebührenbescheid. Der Rechnungsbetrag setzt sich aus dem Gebührenanteil (entsprechend der Satzung der Stadt Bergisch Gladbach) sowie den kalkulierten Kosten für Bewirtschaftung und Unterhaltung zusammen. Nutzer der Unterkünfte sind Migranten sowie Obdachlose gleichermaßen.
Aus den vereinnahmten Beträgen werden die Unterkünfte bewirtschaftet.
Darüber hinaus zahlt der Fachbereich 5 - Jugend und Soziales - auch noch Miete für die Nutzung der städtischen Gebäude als Unterkünfte an den Fachbereich 8 – Immobilienbetrieb -. Somit werden zwar Einnahmen erzielt, denen allerdings wesentlich höhere Ausgaben gegenüber stehen.
Hiervon unabhängig sind die Landeszuweisungen zu betrachten, die eben nicht im Zusammenhang mit diesen Gebührenbescheiden stehen und auch nur zu einer Teil-Refinanzierung führen:
Die pauschalierte Landeszuweisung richtet sich nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW, das die Mittel anhand der Anzahl der einer jeweiligen Kommune zugewiesenen Flüchtlinge und nicht nach der
Höhe der tatsächlichen Kosten für die Unterbringung und Betreuung der Menschen bemisst. Allerdings ist eindeutig, dass die kommunalen Aufwendungen für die Leistungsgewährung, die Betreuung und
Unterbringung der Flüchtlinge bei weitem nicht durch die Zuweisungen des Landes gedeckt werden. Die Quote der Refinanzierung reicht von 30 bis maximal 50 Prozent. Eine Berechnung dieser
Refinanzierungsanteile ist schon allein deswegen schwierig, da sie sich täglich ändert durch
a) die Veränderung der Flüchtlingszahlen und somit der Ausgaben und
b) die stetig erforderliche Schaffung zusätzlicher Unterkünfte mit den entsprechenden Miet-, Beschaffungs- und/oder Umbaukosten.
Entscheidend für die Beantwortung ist, dass hier – unabhängig von der Höhe der festgesetzten Gebühren – keine Mehrerträge für die Stadt generiert werden, da neben den Regelleistungen auch die Kosten der Unterkunft den Leistungsberechtigten aus kommunalen Mitteln gewährt werden. Letztere fließen jedoch direkt wieder der Stadt zu, um mit diesen Mitteln die Unterkünfte zu bewirtschaften.
Insofern entbehren der in der Pressemitteilung Ihrer Partei vom 27.01.2015 geäußerte Vorwurf des Mietwuchers ebenso wie der Gedanke, dass meine Verwaltung mit Asylbewerber-Leistungen die Renovierung von Büros finanzieren will, jeglicher Grundlage. Die Einnahmen dienen vielmehr, wie dargelegt, ausschließlich der Bewirtschaftung und Unterhaltung der städtischen Unterkünfte.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Betrieb der städtischen Notunterkünfte und Übergangsheime stets defizitär war, bleiben wird und eben keine Gewinne erzielt werden.
Zu Ihrer Frage 5:
Die Stadt Bergisch Gladbach versucht fortwährend, die Situation der Flüchtlinge in den Unterkünften im Rahmen des Machbaren zu verbessern.
Bezogen auf das Gebäude in Heidkamp bedeutet dies, dass durch die Installation einer zusätzlichen Stromleitung nunmehr mehrere Herde aufgestellt werden konnten. Zusätzlich wurden eine Spüle installiert und mehrere Babywannen beschafft, um die Kleinkinder zu baden. Dies geschieht alles aus Mitteln der Bewirtschaftung der Unterkünfte.
Zu Ihrer Frage 6:
Diese Art der Berechnung ist rechtskonform. Einer Absprache mit der Landesregierung oder der Kommunalaufsicht bedarf es insoweit nicht. Rechtsgrundlage ist die vorstehend schon genannte Satzung zum Betrieb der Unterkünfte.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen ausreichend beantwortet habe. Sollte dies nicht der Fall sein, so können Sie sich gerne auch weiterhin an mich mit ergänzenden Auskunftsersuchen wenden.
Lassen Sie mich abschließend anmerken, dass meine Antwort an Sie nicht gebührenpflichtig ist, auch wenn durch die Erarbeitung dieser E-Mail ein nicht unerheblicher Zeitaufwand der beteiligten Kollegen entstanden ist.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Urbach
Bürgermeister
Stadt Bergisch Gladbach
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