SPD und CDU brechen nicht mal ein Jahr nach der Wahl ihre Wahlversprechen. Neue Gewerbegebiete in Voislöhe und Lustheide sollen im Flächennutzungsplan weiter eingeplant
werden.
Die erste öffentliche Diskussion um das Gewerbegebiet Voislöhe fand im Jahr 2011 im Rahmen der Abstimmung des Gewerbeflächenkonzepts im Stadtrat Bergisch Gladbach statt. Dieses
Handlungskonzept für die Verwaltung sieht die Erschließung von neuen Gewerbegebieten in Frankenforst, Lustheide und Voislöhe mit höchster Priorität vor.
Einzig DIE LINKE stimmte 2011 gegen diese Pläne des Gesamtkonzepts und positionierte sich in aller Klarheit mit einem NEIN gegen die Zerstörung der Natur und gegen die unverhältnismässig hohe
Belastung der Anwohner in den Stadtteilen. Die Grünen enthielten sich der Stimmen, während SPD, CDU, FDP mit Ja stimmten und so das Konzept mit großer Mehrheit durchsetzten. Bürgermeister Lutz
Urbach machte das Thema zur Chefsache und trieb die Umsetzung voran.
Nachdem seine Verwaltung die Pläne konkretisierte, bildeten sich sowohl in Lustheide als auch in Moitzfeld und Herkenrath Bürgerinitiativen, die kurzfristig sehr viele Unterschriften gegen die Pläne sammelten und breite Unterstützung in den jeweiligen
Stadtteilen erlangten. Schnell veränderte die Grünen ihre Haltung und entschieden sich wie DIE LINKE schon zu Beginn, die Bürgerinitiativen gegen die Gewerbegebiete Lustheide und Voislöhe zu
unterstützen und lehnte die Pläne fortan ab.
Bei den Landtags-, Landrats- und Bundestagswahlen bekamen CDU, SPD und FDP zu spüren, wie sich die Wählerinnen und Wähler in den betroffenen Stadtteilen bei der Wahl des Stadtrats 2014
entscheiden könnten. Die Stimmenverluste in den großen Wahlbezirken waren nicht zu übersehen. Um nicht noch mehr Stimmen in Herkenrath, Moitzfeld und Refrath zu verlieren, musste man sich neue
positionieren oder zumindest so tun, als würde man das verstanden haben, was die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich wünschen oder eben ablehnen. Mit Herannahen der Kommunalwahl 2014 änderte sich
die Haltung des Stadtrats und wie ein „kleines Wunder“ waren sich plötzlich alle Parteien einig. Nun wollte man ein neues Gewerbegebiet Voislöhe nicht mehr und auch bei den Plänen für Lustheide
wurde zurückgerudert und ein Kompromiss gesucht. Doch das Gewerbeflächenkonzept wurde nicht zurückgenommen, geändert oder erneuert und es ist bis heute beschlossenes und gültiges Handlungskonzept
für Gewerbeflächen bei der Stadtplanung des Bürgermeisters.
Bis heute ist der Widerstand in den Stadtteilen ungebrochen groß und aus Erfahrung klug traut man den Parteien nicht. Das ist sehr verständlich, denn schon in einer der ersten Entscheidung des
neue gewählten Stadtrats zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans (FNP) für Bergisch Gladbach entschied die Große Koalition aus SPD und CDU, dass man die Möglichkeit der Gewerbegebiete in
Frankenforst, Lustheide und auch Voislöhe weiterhin untersuchen möchte. Offensichtlich hat man den Plan, die dortige Natur zu zerstören und die Wohnqualität in diesen Stadtteilen empfindlich
einzuschränken, nun doch noch nicht aufgegeben.
CDU und SPD benutzen einen argumentativen Trick, um sich gegen der Vorwurf des „Wählerbetrugs“ zu wehren. Sie behaupten, dass sie ein Gewerbegebiet für die laufende Wahlperiode (nur dafür haben
sie ihr Wahlversprechen gemacht) ausschließen, aber eben nicht für die Zeit nach der Wahl 2020. Tatsächlich haben aber beide Parteien vor der Wahl ein Gewerbegebiet Voislöhe kategorisch und
langfristig ausgeschlossen. Zumindest haben sie es der Öffentlichkeit und den Wählerinnen und Wählern so verkauft.
Es wird klar, was tatsächlich diskutiert wurde und diejenigen, die immer schon für ein Gewerbegebiet Voislöhe eingetreten sind, haben ihre Wahversprechen bewusst erstunken und erlogen.
Herausgekommen ist nach der Wahl eine große Koalition der „Wahllügner“, die jetzt gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Stadtteilen durchziehen will.
Als Reaktion beantragte die Bürgerinitiative
„Moitzfeld-Herkenrath“ beim Stadtrat, dass alle Pläne für ein Gewerbegebiet Voislöhe nicht weiter verfolgt werden, aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen werden und der Landschaftsschutz
dort so erhalten bleiben soll. DIE LINKE, DIE GRÜNEN und die FDP bekräftigen ihre Wahlaussagen und ihr dauerhaftes Nein zu einem Gewerbegebiet Voislöhe, doch bei der Abstimmungen stand die FDP
schon nicht mehr zu ihrem Wort und enthielt sich, während LINKE und GRÜNE wie versprochen für den Antrag der Bürgerinitiative abstimmten. Da die große Koalition aus CDU und SPD über eine
deutliche Mehrheit im Stadtrat verfügt, setzte sie sich im Ausscchuss für Anregungen und Beschwerden am 25.03.2015 gegen den Antrag der Bürgerinitiative durch. In der weiteren Planung zum
Flächennutzungsplan sollen nach Willen der großen Koalition alle möglichen Gewerbeflächen weiter untersucht werden, um diese in den Plan aufzunehmen und um sie in der Zukunft erschließen zu
können.
Die Koalitionsparteien konnten sich nicht dazu durchringen den Antrag etwas zu anzupassen oder mit einer Empfehlung, welches sich deutlich gegen ein Gewerbegebiet Voislöhe ausspricht, an den
zuständigen Ausschuss zu verweisen. Dies ist bei Bürgeranträgen das übliche Verfahren, wenn weiterer Beratungsbedarf besteht und dieser wurde ja bekundet. Stattdessen hatten beide
Koalitionspartner bei der Begründung ihrer Ablehnung klar erklärt, dass man für Voislöhe im Flächennutzungsplan zukünftige Gewerbeflächen ausweisen möchte, auch wenn diese nicht in der jetzigen
Wahlperiode umgesetzt werden soll.
Die frühren Wahlversprechen und "Scheinbeschlüsse" von CDU und SPD sind damit Schall und Rauch, denn im Stadtrat wurde jetzt faktisch anders entschieden.
Es soll wohl auch nicht nur beim „können“ bleiben, sondern offensichtlich will man das auch offensiv umsetzen, wie man an der Formulierung aus dem Kooperationsvertrag (CDU/SPD) erkennen kann.
Dort heißt es unmissverständlich: „Neue Gewerbeansiedlungen sollen dort, wo es sinnvoll erscheint, an den Verkehrsachsen der Autobahn A4 liegen, …“ Allerdings haben weder SPD noch CDU andere
Standortvorschläge gemacht als die, die in dem Gewerbeflächenkonzept aus dem Jahr 2011 festgelegt wurden: Frankenforst, Voislöhe, Lustheide, u.a. Die großen Pläne in Lustheide sind noch nicht
endgültig vom Tisch und werden genauso wie in Frankenforst nur durch die dortigen Eigentumsverhältnisse blockiert. Sollten sich dieses aber mal ändern, kann es ganz schnell gehen. Halten uns SPD
und CDU für dumm? Wer dort Gewerbegebiete plant, will sie auch dort umsetzen. Wenn man das nicht wollte, würde man schon aus gesundem Menschenverstand auf die sehr teure Untersuchung durch
Fachingenieuren verzichten, um so Steuergelder und Haushaltsmittel einzusparen, die man im
Haushaltsicherungskonzept sicher an anderer Stelle besser verwenden kann. Eine Untersuchung wäre unnötig, wenn man nicht das Ziel verfolgen würde, dort ein
Gewerbegebiet zu planen.
Ziel des Bürgerantrags der Bürgerinitiative war es, die weitere teure Planung eines Gewerbegebiets zu stoppen, das angeblich ja niemand will. Und genau das haben CDU und SPD am 25.03.2015
verhindert und planen und untersuchen teuer weiter. Die logische Erklärung für dieses Abstimmungsverhalten ist, dass sie ein Gewerbegebiet Voislöhe immer noch durchsetzen wollen.
Das gemeinsame Vorgehen von CDU und SPD gilt nicht nur für die Pläne in Voislöhe, sondern auch für Lustheide und ein geplantes neues Gewerbegebiet Frankenforst im Wald. Da man nicht viel Zeit hat
bis zu nächsten Wahl im Jahre 2020 ist es erklärtes Ziel der großen Koalition den fertigen Flächennutzungsplan (FNP) noch deutlich vor dem Wahljahr 2020 durch den Stadtrat zu peitschen und zu
verabschieden.
Es ist wichtig, dass sich mehr Bürgerinnen und Bürger in die Diskussion um den Flächennutzungsplan und die zukünftige Entwicklung dieser Stadt einbringen, statt sie der Ratsmehrheit aus
„Wahllügnern“ und „Wählerbetrügern“ zu überlassen. LINKE und GRÜNE müssen darauf achten, dass Bürgerbeteiligung an dieser Stelle ganz groß geschrieben wird.
Das Gewerbeflächenkonzept 2011 ist schon nach wenigen Jahren in einer Sackgasse und faktisch gescheitert. Man muss die gewerbliche Stadtentwicklung viel grundsätzlicher überdenken, statt weiter
auf alte Konzepte einer überholten Industriepolitik und Wirtschaftsförderung zu setzen. Neue Konzepte wie beispielweise das Modellprojekt „Nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung in NRW“ müssen endlich in den Mittepunkt der Debatte
rücken. Das wurde lange vernachlässigt. Auch sollte die Stoßrichtung eines Gewerbeflächenkonzepts grundsätzliche in Frage gestellt werden, wenn es gegen die Interessen so vieler Menschen
gerichtet ist. Man muss die Fakten endlich akzeptieren und sich damit abfinden, dass die gewerbliche Entwicklung in eine andere Richtung gehen muss. Andernfalls geht viel wertvolle Zeit verloren,
die man für eine ökologische und moderne Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung benötigt.
SPD und CDU haben die Sache ohne den Wirt gemacht, denn natürlich werden sich die Menschen in die Diskussion einmischen und ihre Meinung dazu sagen. Und bis zur nächsten Wahl ist es nicht mehr
lange hin und die Bürgerinnen und Bürger werden sich daran erinnern, wer sie belogen hat und wer konsequent zu seinen Worten steht. Man wird sie 2020 daran erinnern.
UPDATE, 08.04.2015:
Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) erklärt zum Thema, dass er nie vom einem Plan eines Gewerbegebiets Voslöhe abgerückt ist und diese Option weiterverfolgen will: "Meine Position in der Sache ist die, dass wir in Bergisch Gladbach eine aktive
Angebotspolitik in Gewerbeflächen betreiben sollten. Deswegen habe ich zu Beginn meiner
Tätigkeit in Bergisch Gladbach die Gründung des Stadtentwicklungsbetriebs vorbereitet und vorgeschlagen, der nach Gründung im Jahr 2011 zu einer echten Erfolgsgeschichte geworden ist! Zu Voislöhe
bin ich glasklar der Meinung, dass wir diese Option weiterverfolgen müssen und dass es vorab keine Denkverbote geben darf. Wenn dann die Fläche im weiteren Verfahren ausscheidet, dann ist das
auch in Ordnung! Und eine andere Position habe ich nie vertreten." so Lutz Urbach wörtlich
in Facebook.
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