Ist der bergische Parteienstreit in der großen Koalition zwischen CDU und SPD in Bergisch Gladbach tatsächlich nur ein Kampf um Pöstchen und Klüngel?
Bergisch Gladbach: Wie die
lokale Neven-Dumont-Presse berichtet steht der erste große Streit in der lokalen Koalition aus CDU und SPD ins Haus. Dieser Streit entzündet sich an dem Vorhaben des Bürgermeisters, die
Verwaltungsstruktur zu verändern. Dabei geht es zentral auch um die Personalia Bernd Martman (Die Grünen/Bündnis90), der zukünftig noch mehr Kompetenzen in der Verwaltung bekommen soll. Daran
stört sich die SPD, denn Bernd Martmann war vor wenigen Jahren noch der SPD-Mann in der Verwaltung. Nach internen Meinungsverschiedenheiten mit dem ehemaligen Bürgermeister Klaus Orth (SPD)
wechselte der Fachbereichsleiter Immobilienbetrieb zu den Grünen, wo er heute im Vorstand der Partei in Bergisch Gladbach sitzt.
Da man sich nicht entblößen will, die alte Fehde als Grund für die Ablehnung der Strukturveränderung in der Verwaltung anzugeben, spricht die SPD von weitreichenden Verlagerungen von
Zuständigkeiten, für die der Bürgermeister eigentlich einen politischen Beschluss benötigen würde. Bürgermeister Lutz Urbach und die CDU sehen den sogenannten „Verwaltungsumbau“ aber durch die
gesetzlichen Aufgaben eines Bürgermeisters gedeckt und glauben an Verbesserung der Effizienz. Möglicherweise kann die SPD in den nächsten Tagen noch ein paar inhaltliche Positionen dazu
veröffentlichen.
Verwaltung mit Parteibuch
Auch wenn viele Verwaltungsmitarbeiter aus politischer Überzeugung oder auch zum Zwecke der beruflichen Karriere Parteibücher besitzen, erscheint es pikant, dass ein grünes Ortsvorstandsmitglied
eine so herausgehobene Position in einer angeblich „neutralen“ Verwaltung erhalten soll. Selbst der gewählte CDU-Bürgermeister ist in keinem CDU Vorstand in Bergisch Gladbach vertreten, wobei
hier noch am wenigsten vom Neutralitätsgebot oder Interessenkonflikten gesprochen werden kann, da der Bürgermeister als Parteikandidat angetreten ist. Auch wenn man niemanden verbieten kann in
einer politischen Partei aktiv zu werden, erscheint dies für leitende Angestellte im öffentlichen Dienst in einem anderen Licht, und es es bleibt ein Geschmäckle zurück. Bernd Martmann wird von
vielen Ratsmitgliedern eher kritisch betrachtet, doch gibt es an seiner Qualifikation und Führungskompetenz bisher wenig fachliche jedoch politische Zweifel.
Grundstückspekulation und Ausverkauf statt nachhaltige Stadtentwicklung
Mit dieser Personalia wird klar, welche Politik CDU und der Bürgermeister in den nächsten Jahren verfolgen wollen. Diese Strategie kann in Reinform an dem Vorgehen der
Stadtentwicklungsgesellschaft SEB abgelesen werden, deren Geschäftsführer Herr Martmann und der Verwaltungsratsvorsitzender Bürgermeister Urbach ist. Statt Bergisch Gladbach als kulturell
lebendige, kinderfreundliche und soziale Stadt zu entwickeln, betreibt die SEB ausschließlich den Ausverkauf von Grundstücken zu Höchstpreisen und betätigt sich damit als preistreibender
Immobilienspekulant im Wohnungs- und Grundstücksmarkt. Statt günstige Flächen für soziales Wohnen zu entwickeln geht es der SEB ausschließlich um Wirtschaftsförderung und gewerbliche
Standortentwicklung.
Bernd Martman und Bürgermeister Lutz Urbach sind diejenige, die auch weiterhin an den Plänen für die großen Gewerbegebiete Voislöhe, Moitzfeld/Herkenrath, Frankenforst und in Lustheide festhalten
und damit klar gegen den erklärten Willen der Menschen in diesen Stadtteilen agieren. Obwohl die politischen Mehrheiten zur Zeit für deren Pläne fehlen, wird in der Verwaltung weiter an der
Umsetzung des beschlossenen Gewerbeflächenkonzepts von 2011 gearbeitet, wie man an der Diskussion um den neuen Flächennutzungsplan klar ablesen kann. Hier liegen der christdemokratische
Bürgermeister und der „grüne“ Verwaltungsmann auf einer Linie, welche dann wohl mit dem „Verwaltungsumbau“ im gesamten „Konzern Stadt“ umgesetzt und vereinheitlicht werden soll.
Mit grünen, sozialdemokratischen oder gar linken Positionen oder nachhaltiger Programmatik hatte Bernd Martmann nie etwas zu tun, außer das er gegen diese konsequent und öffentlich aufgetreten
ist. Man hat eher den Eindruck einer Parteibuchkarriere, was in NRW in den letzten Jahren ja auch ganz gut mit andersfarbigen Parteibüchern funktioniert.
Bergischer Klüngel und hellrote Parteikarrieren
Die SPD hat sich auf den Koalitionsdeal mit der CDU ergeben und ist darin gefangen. Eigentlich geht es ihr auch nicht um die Personalia Bernd Martmann oder seine Pläne, denn diese Pläne werden
von der SPD sogar ausdrücklich unterstützt.
Die jetzigen Drohungen sind wohl eher Schüsse aus der "Seifenblasenpistole", denn die Angelegenheit könnte für die SPD nach hinten losgehen. Schon letztes Jahr hatte Bürgermeister Lutz Urbach
eher den Wunsch zu eine Koalition zwischen der CDU und den Grünen, statt diese mit der SPD einzugehen.
Die Kritik der SPD hat wohl mehr mit ihrem Einfluß auf die Verwaltung zu tun, denn mit dem "Umbau" müßte der Kämmerer und zweiter Mann in der der Stadt (SPD-Parteibuch) Aufgaben und
Kompetenzen abgeben. Wahrscheinlich dreht sich also alles nur um unterschiedliche Vorstellung über ein paar hellrote Parteibuchkarrieren, die in der Verwaltung nicht so umgesetzt werden, wie sich
die Sozialdemokraten das vorstellen. Das würde dann auch der Weg sein, mit dem man ein Platzen der Koalition verhindern könnte. Wir werden erleben, wie mit etwas kosmetischen Veränderungen, einer
netten Fensterrede und ein paar Umsetzungen im Stellenplan zurückgerudert werden wird.
Tatsächlich sieht dass alles nach einfacher Pöstchenschacherei und bergischen Klüngel aus, wie wir sie seit Jahren kennen. Also kein Grund zur Panikmache, denn auch dieses mal wird man so tun als
würde das "so nicht stimmen".
Siehe dazu auch:
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