Wir brauchen eine Kampagne für das Glück!

Auf vielen arrangierten Fotos von Familienfeiern sehen wir gestellte Freude und alle Lachen. Riesige Werbetafeln zeigen uns „glückliche“ Menschen. Im Fernsehen wird immer gelacht. Überall müsste die pralle Freude und erfülltes Glück nur so sprühen, doch schauen wir die Menschen auf der Straßen an, sehen wir Angespanntheit, Stress oder Unruhe in unglücklichen Gesichtern. Nur selten ein Lächeln.  Wie auch, denn Tag ein Tag aus werden wir als Menschen auf unsere Funktion reduziert, zu arbeiten und uns Zwängen zu unterwerfen. jeden Tag treibt uns etwas anderes an, peitscht uns nach vorne und läßt uns nicht zur Ruhe kommen. Wirklich wichtige Dinge, wie Liebe, für sich und andere da zu sein oder einfach nur Denken verlieren zunehmend an Bedeutung und der Mensch wird zum Instrument und Ressource, um der Wirtschaft zu dienen. Nur Kinder lachen unbeschwert, freuen sich über Kleinigkeiten und tragen Glück im Herzen. Manche Menschen bewahren sich etwas davon bis zu ihrem Tod auf und verstecken es, wie einen verbotenen Schatz, den niemand entdecken darf.


Nach Erich Fromm geben die meisten Menschen nur vor, glücklich zu sein, denn wenn sie es nicht sind, entsprechen  sie nicht den Anforderungen, sie glauben krank zu sein oder einfach nur unfähig ihr Leben  zu meistern.  Tatsächlich finden wir nur wenige Menschen, die wirklich glücklich sind. In der Bibel ist die größte Anklage gegen die Hebräer: „Ihr habt keine Freude gehabt, in der Fülle der Dinge" Für Erich Fromm trifft kein Satz besser auf unsere heutige Gesellschaft zu. Es gibt Lust, die Befriedigung dieser Lust, die Angebote zur Befriedigung und die kurzweilige Stillung der Lust. Genauso wie es Vergnügen gibt, ein ebenso kurzweilige Emotion ohne andauernder Wirkung.

Der moderne Mensch kann sein Leben in der Fülle ausleben und treibt die Lust zu immer mehr „Ekstase“ bis ins Extreme. Wir verstümmeln uns selbst, quälen uns und unsere Partner, suchen immer neue Reize oder bringen sogar unser Leben in Gefahr. Doch auch dieses vergeht und wird irgendwann zu wenig. Was so vielen Menschen fehlt ist ein viel nachhaltigeres Gefühl. Die Freude.  Das ist zwar noch kein Glück, aber es ist ein guter Anfang, um dorthin zu gelangen.

In der deutschen Nationalhyme heißt es: »Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand«. Für Hoffman von Fallersleben waren Einigkeit, Recht und Freiheit der Garant für Glück. Konservative Politiker und die Medien erzählen uns heute das Märchen, dass Deutschland diese Ziele erreicht hätte. Doch warum sind dann nicht alle Menschen glücklich? Zumindest sollte sich doch der Teil der Gesellschaft freuen und lachen, der in sozialer Sicherheit lebt und sich ihre Wünsche erfüllen kann. Man könnte an dieser Stelle darüber streiten, wer wo wirklich in sozialer Sicherheit lebt, aber tatsächlich wird die Frage des Glücks in den sozialen Kämpfen fast immer als untergeordnet ausgeblendet, obwohl es doch das Ziel ist, dass die Menschen glücklich werden. Tatsächlich wurde noch keine "Freiheit, Gleichheit und Bürderlichkeit" erreicht, so wie es die französiche Revolution gefordert hat und von einer sozialen Sicherheit für alle sind wir weit entfernt.

In Umfragen gibt eine Mehrheit an, dass sie glücklich und zufrieden sei. Stellt sich die Frage, womit, denn viel ist es ja nicht. Und warum lachen sie nicht, wenn sie in der U-Bahn fahren oder von der Arbeit nach Hause kommen? Viel brauchen wir für Glück eigentlich nicht, wenn nicht ständig ein mediales Trommelfeuer auf uns niedergehen würde, was uns einreden will, was uns angeblich „glücklich“ macht. I-Phone, Urlaub auf der anderen Seite der Erde, ein großes Auto oder besser zwei davon, teure Möbel, ständigen und wechselnden Sex, nackte oder verunstaltete Haut, schöne Kleidung, etc.

Die Forderung nach „Glück“ mutet auf den ersten Blick esoterisch libertär an, aber tatsächlich trifft sie den Kern unserer Existenz und die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Wenn wir schon vorgeben glücklich zu sein, dann wünschen wir uns das ja auch! Wir brauchen eine Kampagne für das Glück, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellt.

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