AfD mischt bei „angeblichen Corona-Spaziergängen“ mit!

Offiziell hat die regionale AfD mit den „Corona-Spaziergängen“ nichts zu tun, doch im Hintergrund spielen ihre Mitglieder nicht nur mit. Bei den Corona-Demos sind Vertreter der AfD dabei, wie sie offenherzig überall erklären. An vielen Stellen wirbt die rechte Partei nicht nur unterschwellig für die Teilnahme an den rechtswidrigen montäglichen angeblichen Corona-Spaziergängen, sondern an der einen oder anderen Stelle ganz offen. So werden nicht nur Videos und Fotos geteilt, sondern man macht sich die Proteste ganz unverhohlen zu eigen. Die AfD stülpt den Protesten ihre eigene Deutung über. Dabei passt es gerade der Parteipolitik der AfD gut in den Kram, dass die Initiatoren und anonymen Orga-Gruppen das Tragen von Spruch-Bändern und Plakaten bei den angeblichen Spaziergängen verbieten. Dieser angeblich „neutrale Raum“ schafft große Interpretationsspielräume für rechte Politik. Es ist Teil des Konzepts, welches mit dieser undurchsichtigen und anonymen Aktionsform die Proteste gezielt nach „rechts offen“ bleiben sollen. 

... nach rechts offen!

 

Die eigentlich „braven“, „besorgt“ oder „kritischen“ Teilnehmer*innen bekommen ohne Aufrufe und Aussagen ganz bewusst keine Möglichkeit, sich von Rechtsextremisten, Reichsbürgern, Antisemiten oder Parteien wie der NPD, Dritte Weg oder der AfD zu distanziert. Den Menschen wird damit vorgetäuscht, dass sie nicht bevormundet oder vereinnahmt würden, doch tatsächlich geschieht das offenkundig in der öffentlichen politischen Debatte. Die AfD spielte diese Karte rücksichtlos aus, wie man an ihrer aktuellen bundesweiten Kampagne deutlich ablesen kann. So versucht sich die AfD an die Spitze der „Bewegung der Impfgegner“ zu stellen und übernimmt sogar deren Slogan. Als Alibi und Begründung für ihre Kampagne setzt die AfD auf die „unbescholtenen“ angeblichen Spaziergänger, die jeden Montag willfährig für und mit den AfD-Mitgliedern demonstrieren gehen. 

 

Seit einigen Wochen wird in den lokalen Telegram-Gruppen, in denen die „angeblichen Corona-Spaziergänger“ regional organisiert werden, für eine Petition des AfD-Kreistagsmitglied Manfred Schawohl (Rheinisch-Bergischer Kreis) geworben, welche dort auf fruchtbaren Boden fällt. Will man diese Petition unterstützen, findet man sich auf der Webseite der AfD-Rheinisch-Bergischer Kreis wieder. Der Aufruf zu Unterstützung der Petition wiederholt sich in zwei- dreitäglicher Taktung 

 

Herr Schawohl selbst schreibt in den Telegram-Gruppen als einer der wenigen mit seinem echten Namen als AfD-Vertreter und niemand widerspricht ihm. In den lokalen Orgagruppen im Internet tauchen weitere AfD-Aktivisten auf oder melden sich zu Wort, obwohl sie tatsächlich nicht aus den jeweiligen Orten stammen. Dieses scheint eine Struktur zu haben. 

 

Viele anonyme Teilnehmer*innen diskutieren in verschiedenen lokalen Gruppen mit und mobilisieren zu jeweils anderen lokalen Demos und Aktionen, bilden Fahrgemeinschaft und verteilen gegenseitig Flyer. Da sich die meisten Aktiven mit anonymen Kurznamen tarnen, ist nicht erkennbar, woher sie wirklich kommen. Bei der letzten Corona-Demonstration in Bensberg war offenkundig, dass ein großer Teil der 40-50 Teilnehmer*innen aus Köln angereist war und nur wenige tatsächlich in Bensberg wohnen. Die Veranstaltung wurde von einer bekannten Kölnerin aus der Reichsbürgerszene organisiert. 

 

Bei den angeblichen Spaziergängen in Bergisch Gladbach ist davon auszugehen, dass auch hier ein sehr großer Teil der zuletzt 300 Teilnehmer*innen eigentlich nicht aus Bergisch Gladbach stammt, sondern angereist ist. Wie ein Wunder starten am Rathaus relativ wenige und die Demo vergrößert sich ausgerechnet an der S-Bahn aus Köln doch erheblich. 

 

Viele Beiträge in den Messenger- und Chatgruppen Telegram erscheinen zeitlich versetzt durch zentral organisierte „Forwarder“, die möglichst viele Gruppen ihre Fotos, Texte, Fake-News, Verschwörungsthesen oder rechter Propaganda bestücken. Herr Schawohl, der aus Wermelskirchen kommt, ist ein gutes Beispiel wie Parteimitglieder der AfD in mehreren lokalen Gruppen aktiv sind. 

 

Unter anderem finden wir in der Bergisch Gladbacher Telegram-Gruppe den schon prominenten Bundesvorsitzendenden der rechtsextremistischen JA – Junge Alternative (AfD) wieder, der für AfD Landesliste zum NRW-Landtagswahlkampf antritt. Der Direktkandidat RBK erklärt passend zum Wahlkampf, dass er als Bergisch Gladbacher in der Stadtmitte „spazierengeht“. 

 

In Overath stellt das AfD-Ratsherrn Helmut Redmann seine Positionen in der lokalen Telegram-Gruppe zur Schau. Er ist in den Medien durch Strafanzeige bekannt geworden, die eine SPD-Ratsmitglied gegen ihn anhängig gemacht hat, weil er zu einer nicht-angemeldeten Corona-Demonstration aufgerufen hätte. Redmann hatte die Overather SPD als „rote Faschisten“ bezeichnet. Der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt am 9.2.2022 dazu: „Zugleich distanziert sich der AfD-Politiker aber auch von den Verschwörungserzählern in der genannten Telegram-Gruppe („Da sind einfach zu viele Aluhüte dabei“) und warnt davor, die „Spaziergänger“ damit gleichzusetzen.“ Diese Aussagen zeigen, wie AfD-Politiker die Bürger*innen vor den eigenen Karren spannen will. Die Schutzbehauptung, dass die Overather Telegram-Gruppe die angeblichen Spaziergänge nicht koordinieren würde, ist falsch, denn Redmann selbst hat dort versucht den Weg der angeblichen Spaziergänge umzuleiten. 

 

Strafanzeigen gegen AFD-Aktive ..

 

Die bergische Presse berichtet in den letzten Wochen über die Strafanzeige gegen einen AfD-Funktionär, der in der bergischen Telegram-Gruppe für Leichlingen verdächtigt wird, offen und unwidersprochen den Holocaust geleugnet zu haben. Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet am 10.2.2022 über die Leichlinger Telegram-Gruppe: „Ein anonymer User schrieb dort am Dienstag, den Mord an Juden habe es nie gegeben und die Existenz der Konzentrationslager sei eine Lüge, gegen die Widerstand mobilisiert werden müsse. Skeptiker der Corona-Impfungen werden aufgerufen, sich zu wehren.“ Der Staatschutz ermittelt gegen den Mann, da seine Anonymität aufgedeckt werden konnte.

 

Die regionalen AfD-Aktivisten gehören zu den Orga-Telegram-Gruppen dazu und eine Distanzierung von der rechten Politik der AfD findet in den Chatgruppen oder bei den angeblichen Spaziergängen bewusst nicht statt. Selbst Chatbeiträge, die klar AfD-Inhalte propagieren, antisemitische Aussagen treffen oder reichsdeutsche Züge tragen, werden nicht widersprüchlich in den Telegram-Gruppen diskutiert, obwohl diese ja vorgeben für offene Information, „Wahrheit“, „Freiheit“ und Meinungsaustausch zu stehen.

Auch über die lokale Berichterstattung wird nicht diskutiert oder gestritten. Anscheinend ist man da der gleichen Meinung wie die AfD oder der Holocaust Leugner oder die Reichsbürger, deren Beitrage ausnahmslos nicht gelöscht werden und denen auch nicht wirksam und in aller Deutlichkeit widersprochen wird. In den öffentlichen Gruppen wird sich zwar ausgetauscht und manchmal keimt sogar etwas wie ein kleiner kritischer Diskurs auf, doch die Mainstream distanziert sich ausdrücklich nicht. Auch wenn die Protagnisten der Telegram-Gruppen das "anders erzählen", ist von offener Aussprache, einem wissenschaftlichen oder freien Diskurs eigentlich keine Spur und man nimmt diese Ansagen als Wahrheit hin. 

 

Auch die Teilnehmer*innen der angeblichen Spaziergänge sind in der deutlichen Mehrheit keine Rechtsextremisten und AfD-Anhänger, doch sie weigern sich, sich von der AfD und/oder Rechtsextremisten zu distanzieren. Sie behaupten sogar, dass diese nicht mitlaufen würden oder dass sie diese nicht erkennen würden. Sie nehmen es so, wie es die Telegram-Gruppen es vorher vorgegeben haben, unwidersprochen und distanzlos hin und üben sich in wohlwollender Duldung. Auch wiederholtes Nachfragen oder die Aufforderung sich von Rechten zu distanzieren, wollen die angeblichen Spaziergänger nicht entsprechen. Sie bleiben auf einer „schweigenden“ Linie! 

 

Der Begriff „rechtsoffen“ umschreibt die Realität in den bergischen Telegram-Gruppen und den „angeblichen Corona-Spaziergängern“ nur unzureichend, denn tatsächlich kann man nach längerer Beobachtung die These und Vermutung aufstellen, dass die AfD-Vertreter dort eine der treibenden Kräfte für den „Austausch“ sind und damit nicht nur als Zuschauer und Mitläufer eine Rolle spielen. Sie erscheinen als wichtiger „Player“ in den Gruppen, die die „angeblichen Corona-Spaziergänge“ jeden Montag diskutieren, vorbereiten und dazu aufrufen. Mindestens aber stellen sie überall Infrastruktur und Plattform zu Verfügung.

 

Die umfassenden Recherchen zeigen deutlich, dass die angeblichen Spaziergänge keine zufälligen Versammlungen sind, sondern aktiv initiiert, vorbereitet und organisiert werden. Nicht alle Telegram-Gruppen sind öffentlich und es gibt auch geheime und geschlossen Gruppe, in denen Aktivisten versuchen die bürgerschaftliche Kritik in den alten rechtsextremistischen Traum eines Volksaufstand und Umsturz münden zu lassen. Die ständige Verwendung der Narrative „Wir sind das Volk“ oder „Das Volk ist erwacht“ versucht den Anschein eines solchen Aufstands zu vermitteln, um damit den Eindruck einer breiten Zustimmung zu erzeugen und rechte Aktionen und Kampagnen zu legitimieren. 

 
Rechte Strategie geht auf ..

Die Strategie der Rechtsextremisten bei der Vereinnahmung der Corona-Kritik und eigentlich braven Bürger*innen und Kritiker*innen scheint aufzugehen, denn die Ordnungsbehörden lassen die Akteure der unangemeldeten Versammlung gewähren und die meisten demokratischen politischen Akteure in den Kommunen schweigen oder stecken trotz eindeutiger Berichterstattung und hinreichender Belege schweigend und tatenlos den Sand in den Kopf. Das gilt leider auch für die angeblichen Spaziergänger, denn diese nehmen die wiederholten Gesprächsangebote nicht an und gehen lieber mit AfD-Aktivisten schweigend spazieren.

Siehe dazu auch: 

Rechtsextreme & Reichsbürger bei den angeblichen Spaziergängen in Bergisch Gladbach

Unsere Freiheit! Wir alle sind gefordert!

„Ihr seid keine Nazis! Ihr geht aber mit Nazis „spazieren“!“

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