Kommentar zur Wahl des neuen Beigeordneten (Stephan Dekker - CDU) durch den Stadtrat Bergisch Gladbach am 08.04.2025:
Die CDU feiert ihre Personalentscheidung wie ein rheinisches Brauchtum – mit dem arroganten Verweis auf ein angeblich „traditionelles
Recht“, als würde es irgendwo in der Verfassung oder Gemeindeordnung zwischen gläbbischer Karnevalsordnung und bergischem Zapfenstreich stehen.
Doch was hier zelebriert wird, ist nicht "Tradition", sondern die Kunst des politischen Filzes in Reinform. Hier wird offen zur Schau gestellt, dass es nicht um demokratische Prozesse, Sachfragen oder Kompetenz geht, sondern um den Erhalt alter Machtstrukturen – gewürzt mit einem kräftigen Schuss Selbstzufriedenheit und parteipolitischem Größenwahn.
Auch wenn die CDU bei der letzten Wahl in Bergisch Gladbach noch ca. 32 % erreicht hat, hat sie offenbar nicht bemerkt, dass sie 2014 noch 10 % mehr nur in Bergisch Gladbach hatte (42,82 %). Auch ihre Umfragewerte sinken deutlich ab. Wenn wir dies auf Bergisch Gladbach umrechnen würden, würde sie bei der nächsten Kommunalwahl möglicherweise unter 30 % landen – was weit entfernt ist von den knapp 42 % bei der Kommunalwahl 2009. Damit ist die Union immer noch sehr stark, aber der Wind hat sich gedreht, der Ton wird schärfer, und die CDU ist weit davon entfernt, die "traditionelle Stimme des Volkes in Bergisch Gladbach" zu sein – denn diesen „mythischen“ Bonus hat sie längst verloren. Und trotzdem setzt die CDU auf „weiter so wie immer – schon aus Tradition“!
Kleiner Hinweis: Ein „traditionelles Vorschlagsrecht für kommunale Beigeordnete“ steht in keinem Gesetz – aber wer braucht schon Demokratie, wenn man jahrzehntelange Gewohnheiten hat?
Dass dann auch noch Personen mit umstrittenen Entscheidungen aus ihrer Vergangenheit und maximalem Vertrauensdefizit bei der Opposition in ein wichtiges Amt gehievt werden – manchmal auch mit den Stimmen von SPD oder Grünen – ist der eigentliche politische Offenbarungseid. Wer braucht noch andere Parteien, wenn sich die „mächtigen“ demokratischen Parteien beim Postenschach freiwillig selbst demontieren?
Für viele Bürger:innen ist das sicher kein politischer Kompromiss, sondern ein Faustschlag ins Gesicht – und zwar einer, der das Vertrauen in die demokratische Kultur massiv beschädigt. Genau durch solche Entscheidungen, flankiert von selbstgerechtem Schulterklopfen, entsteht Politikverdrossenheit – und der Raum, in dem Rechtsextreme gedeihen.
Diese Woche und diese schwere Hypothek sind damit wohl einer der Tiefpunkte in der jüngeren politischen Geschichte dieser Stadt. Viele Menschen wollen keine Machtspielchen im Hinterzimmer – sie
wollen eine echte demokratische Erneuerung: transparent, verantwortungsvoll, "fundiert wertebasiert". Denn wer sich weiter an alten „traditionellen“ Seilschaften festklammert, darf sich nicht
wundern, wenn die nächste Kommunalwahl zum Denkzettel wird – und die AfD in bundesweiten Umfragen mehr Unterstützung als die CDU erhält.
Siehe dazu:
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Axel Bolte (Donnerstag, 10 April 2025 16:08)
Hundertprozentige Zustimmung. Leider „Tradition“…